Nau.ch erläutert kurz und knapp das Urteil, das heute am Obergericht Zürich eröffnet worden ist. Die Urteilsbegründung, das Urteil der Vorinstanz und die Stellungnahme der Parteien werden summarisch beleuchtet und das wars. Wenn da nicht der letzte Abschnitt wäre:
Brian ist für seine regelmässigen Ausraster bekannt. Erst kürzlich erklärte er in einem SRF-Interview, weshalb er seine Einzelhaft-Zelle zerstört hatte: «Was mir Kraft gibt, ist Wut, ist Aggression. (...) Wenn ihr wollt, dass ich verliere, dann müsst ihr mich umbringen.» Dort drin bekomme er Aggressionen, so der Häftling. Irgendwo müsse die Wut raus. «Ich schlafe jede Nacht nur drei, vier Stunden. Ich bin immer gereizt.»
Dieser Abschnitt bedient sich Zitaten aus einem SRF Interview, die so aus dem Kontext gerissen worden. Mit der Hervorhebung des Zitats «Wut gibt mir Kraft» und den darauffolgenden Sätzen wird Brian abermals als Person mit einer starken Gewaltaffinität dargestellt obschon die Haftumstände eigentlich Anlass zur differenzierten Auslegung emotionaler Reaktionen geben würden. Mit dem Schlusssatz «Ich bin immer gereizt» lässt nau.ch Brian zwar zu Wort; allerdings auch nur, um zu bestätigen, was nau.ch bereits andeutet. So gibt Brian hier schon fast selbst zu: Ich bin gewalttätig.
Besonders stossend ist jedoch, dass ohne Zusammenhang oder Notwendigkeit die Leser:innen daran erinnert werden, wie Brian über Jahre in den Medien dargestellt worden ist. „Carlos“ generiert bis heute Aufmerksamkeit und Clicks. Man scheint nicht bereit darauf zu verzichten, die Leser:innenschaft mit diesen verzerrten dafür aufregend skandalösen Narrativen zu bedienen. Dass der eigentliche Skandal in Brians Behandlung durch die Behörden liegt, ist offenkundig weniger attraktiv. Es ist ein Muster, welches nicht nur bei Nau.ch beobachtet werden kann. Die Aussicht darauf „Carlos“ weiterhin ausschlachten zu können, bedeutet dabei nichts anderes als Profit der Medien auf Kosten von Brian.